Jeder sexuelle Übergriff ist verletzend. Aber jede Frau reagiert anders darauf. Viele Frauen zweifeln an ihrem Verhalten. Sie glauben, dass sie sich nicht richtig verhalten haben, dass sie sich zu wenig gewehrt oder den Übergriff provoziert haben.
Wenn Sie solche Gedanken haben, sind Sie damit nicht allein!
Manchmal tragen Verwandte und Freunde zu den Zweifeln bei, weil sie zum Beispiel fragen, warum Sie nicht geschrien oder andere Dinge gemacht haben.
Die Frage „Warum?“ kann man aber eigentlich nur dem Täter stellen. Denn er trägt ganz allein die Verantwortung. Er hat sich falsch verhalten, nicht Sie.
Denn egal wie sich eine Frau verhält, niemand darf deshalb übergriffig werden!
Es gibt kein falsches Verhalten der Frau in der Situation. Es ist ein Ausnahmezustand, und die Reaktionen sind instinktiv. Es sind Schutzmechanismen in einer bedrohlichen Situation. Diese Schutzmechanismen sehen bei jeder Frau anders aus.
Auch danach gibt es kein „typisches“ Verhalten. Die meisten Frauen sind durcheinander. Sie versuchen, was passiert ist zu verstehen. Sie schämen sich, fühlen sich erniedrigt und haben Angst, darüber zu sprechen.
Manche Frauen können erst Jahre später darüber sprechen, was passiert ist.
Vor allem versuchen die Frauen, wieder Kontrolle über ihr Leben zu haben. Das ist aber oft sehr schwierig und funktioniert nicht oder nur teilweise. Manche Frauen leiden sehr lange unter den Folgen, die auch ganz verschieden sind.
Wenn Sie sexualisierte Gewalt erlebt haben, können wir Ihnen helfen.
Wir beraten Sie, egal wie lange der Vorfall zurückliegt und egal, ob Sie ihn angezeigt haben oder nicht. Sie haben ein Recht auf Unterstützung und Hilfe. Dabei muss es sich nicht nur um eine Vergewaltigung handeln, sondern kann jede Form von sexualisierter Gewalt betreffen (z.B. sexuelle Belästigung im Alltag oder am Arbeitsplatz, blöde Anmachen, …). Jede Erfahrung ist ernst genug, um Hilfe zu bekommen.
Wir sind für Sie da. Das heißt auch, dass wir alles mit Ihnen absprechen und nichts machen, was Sie nicht möchten. Unsere Beratungsstelle soll ein Schutzraum sein. Deshalb haben Männer keinen Zutritt.
Ihre Wünsche, Ängste, Vorstellungen und Gefühle sind für uns wichtig und wir richten uns danach, so weit es uns möglich ist. Wir unterstützen Sie so, wie Sie es möchten.
Was können Sie selbst tun?
- Bei uns im Notruf anrufen oder eine E-Mail schreiben. Wir beraten Sie professionell und finden mit Ihnen einen Weg, der Ihnen weiter hilft.
- Mit einer Vertrauensperson (z.B. Freundin) über Ihre Gefühle sprechen.
Hier finden Sie einen Leitfaden für den Umgang mit einer erwachsenen, traumatisierten Person. Sie können ihn Ihrer Vertrauensperson vorher schicken oder Ihr die Informationen ausdrucken und geben, wenn Sie möchten. Das hilft ihr vielleicht, sich besser auf das, was Sie ihr sagen möchten, einzustellen.
Wenn Vertrauenspersonen eingeweiht sind, können Sie mit ihnen vielleicht auch kleine „Notfallpläne“ machen. Zum Beispiel, dass Sie sie anrufen können, wenn es Ihnen schlecht geht oder dass sie mit Ihnen sofort einen Ort verlässt, wenn Sie ein bestimmtes Wort sagen. Sie können Ihre Vertrauensperson auch bitten, Sie zu uns in die Beratung zu begleiten, wenn Sie das möchten. - Kontakt zu Frauen, die ähnliche Erfahrungen machen mussten, z.B. in einer Selbsthilfegruppe.
Der Notruf bietet jeden Monat eine Selbsthilfegruppe an. Hier werden nicht die traumatisierenden Erfahrungen nochmal erzählt, sondern Wege gesucht, den Alltag mit den Folgen zu bewältigen und sich gegenseitig zu stärken. - Eine Therapeut*in suchen, die Ihnen weiter hilft. Wir können Ihnen auch bei der Suche helfen.
- Ihre Gefühle aufschreiben. Das hilft, sie loszuwerden oder sie zu sortieren.
- Eine Art „Notfallbox“ mit Dingen füllen, die dafür sorgen, dass es Ihnen besser geht. Zum Beispiel Fotos, das Lieblingsparfüm, eine CD mit Musik…
- Dinge machen, die Sie ablenken und Ihnen ein gutes Gefühl geben, wie Sport, sich mit Freunden treffen, ein Bild malen etc.